Zu viel Lärm

Dies ist eine Geschichte aus dem Buch „Entdecke den Meister in Dir“ von Adamus St. Germain:
Die Schülerin wachte vor Sonnenaufgang auf und fragte sich, warum Meister ihre Treffen mit Schülern derart früh am Morgen ansetzten. Sie war nicht daran gewohnt, zu solch frühen Stunden aufzustehen, aber heute musste sie es, da sie um ein Gespräch mit dem Meister gebeten hatte.
Als sie sich ankleidete, wurde sie nervös, denn keiner mag ja den Meister wegen sehr persönlicher, privater Fragen ansprechen. Es war allgemein bekannt, dass die Antworten meistens nicht das waren, was man erwartete oder hören wollte. Aber in ihrem herrschte ein solches Durcheinander, dass sie ganz dringend um dieses Gespräch gebeten hatte. Es wurde ihr für fünf Uhr früh zugesagt.
Als sich die Schülerin auf den Weg zum großen schönen Haus des Meisters machte, dachte sie darüber nach, was es wohl brauchen würde, damit sie auch eines Tages ein so prächtiges, großartiges Hein hätte. Sie fühlte Schmetterlinge im Bauch, als sie zu Tür kam, die sich wie von selbst öffnete. Sie wusste, dass sie selbst den Weg zum Meister in diesem sehr großzügig ausgedehnten Haus finden musste, und jeder Schritt erschien ihr wie eine Qual. Schließlich fand sie ihn im Garten. Er genoss gerade seinen Kaffee und ein frisches Croissant und schaute zu, wie die Sonne aufging. Er hörte die Vögel zwitschern und beobachtete, wie die Erde an diesem neuen Tag wieder zum Leben erwachte. Ein Lächeln war auf seinem Gesicht.
Die Schülerin näherte sich langsam und sagte: „Meister, es tut mir leid, dich zu behelligen, aber ich bin am Ende meines Lateins, ich weiß nicht weiter.“ Sie fühlte, dass sie schon einen schlechten Start hingelegt hatte, weil sie das Falsche gesagt hatte. Sie atmete tief durch und setzte neu an. „Meister, mein Leben ist in einem totalen Chaos, ich bin komplett verwirrt. Ich kann meine Gedanke nicht mehr richtig sammeln, mein Körper hat Schmerzen, mein Magen dreht sich ständig um, und meine Gelenke tun so weh, dass ich kaum durch den Tag komme. Ich weiß einfach nicht mehr, was ich tun soll, und deshalb habe ich um das Gespräch mit dir gebeten. Was soll ich machen?“
Der Meister nahm einen weiteren ganz bewusste Schluck Kaffee, fast als ob er noch nicht einmal ihre Worte gehört hätte. Dann sage er endlich: „Liebe Sally, das ist nicht dein Problem, das alles gehört gar nicht zu dir.“ Sally sagte: “Aber Meister, du verstehst das nicht. Ich habe Schmerzen, emotionale und physische. Ich kann mich kaum zusammenhalten. Ich brauche irgendetwas, sonst fällt alles auseinander.“
Der Meister fragte: „Was ist nun also los in deinem Leben? Worin besteht dieses ganz Chaos?“ „Oh“, rief sie aus, „meine Kinder! Sie rufen nicht mehr an, und wenn sie das doch tun, dann nur, um über etwas zu streiten oder um etwas zu bitten. Wir vertragen uns einfach nicht; es ist keine Beziehung, wie ich sie jemals mit meinen Kindern gehofft hatte zu haben.“ Der Meister, fast mit einem Grinsen im Gesicht, sagte: „Aber das ist ja nicht deine Sache. Und deine Kinder auch nicht. Was sonst also, liebe Sally? Was gibt es sonst?“ Und sie antwortete: „Meister, die ganze Welt zerbricht doch! Wenn ich die Nachrichten sehe oder die Zeitungen lese, wenn ich mit anderen Menschen spreche, kann doch jeder erkennen, dass alles auseinander fällt. Das verrückte Wetter, die Kriege, die Kriminalität, die Armut und die Probleme in der ganzen Welt – es wird einfach zu viel für mich, ich kann damit nicht umgehen.“ Und der Meister, der erst einmal wieder an seinem dampfenden Kaffee nippte, sagte nur: „Aber das ist alles nicht deins.“
Sally wurde jetzt frustriert. Sie sagte: „Aber Meister, diese Dinge beeinflussen mich. Ich spüre, wie mein Leben auseinanderbricht, als ob ich keinerlei Verbindung mehr mit mir selbst habe. Ich höre die ganze Zeit seltsame Geräusche in meinem Kopf, und ich kann sie anscheinend nicht abstellen. Bitte, was kann ich machen? Gibt es eine Heilungsmethode, die wir hier anwenden könnten?“ Erneut sagte der Meister geduldig: „All diese Gedanken, all diese Sachen, die dir durch den Kopf gehen, sind nicht deine.“
Sally fing an, sich zu ärgern. Sie fühlte, wie die Angst in ihr hochstieg, und das wirkte sich auf Körper und Geist aus. Sie brachte noch nicht einmal die nächste sinnvolle Frage an den Meister zusammen. Eine lange Zeit stand sie einfach da und überlegte, was sie tun sollte. Schließlich sagte sie: „Aber Meister, was ist dann meins? Du meinst, diese Themen mit meinen Kindern, meine finanziellen Probleme, die schlimmen Nachrichten in der Welt und all diese Dinge geschehen gar nicht – aber sie tun es doch. Und sie beeinflussen mich. Sie beeinflussen mein körperliches und seelisches Gleichgewicht, mein Wohlbefinden. Wenn diese Dinge also angeblich gar nicht meins sind, was ist dann meins?“
Der Meister saß sehr ruhig und geduldig da. Er verstand ihre Angst wirklich. Er sagte: „Diese Antwort musst du selbst finden, nicht ich. Nur du kannst entdecken, was wahrhaftig deins ist. Nun, liebe Sally, ist es Zeit, dass du wieder gehst, damit ich mein Frühstück genießen kann. Und komme bitte nicht zurück, bis du diese Frage beantworten kannst: Was ist deins?
Lieber Leser, liebe Leserin: Überall herrscht ein enormer Lärm, in einem Maße, wie es das in der modernen Geschichte noch nie gegeben hat. Du hast jeden Tag damit zu tun, vom Augenblick an, wenn du aufwachst. Lärm wird von allem Möglichen erzeugt.Mancher energetischer Lärm stammt von der Erde selbst, aus der Natur und von den Bäumen, und dieser Lärm ist meistens im Einklang mit dir. Es gibt aber viele andere Energien, die nicht im Einklang stehen. Du bemerkst diese Dinge umso mehr, je mehr du dein Erwachen erlaubst und sensibler wirst.
Du wirst zum Beispiel den Verkehr spüren. Klar, dass du den physischen Lärm der pumpenden Maschinen und Reifen auf der Straße hörst aber du fühlst auch die Anspannung der Menschen, die dort auf dem Highway fahren. In einem Verkehrsstau entsteht Anspannung, und man denkt an die Verkehrssicherheit und daran, pünktlich bei der Arbeit anzukommen. Wenn Menschen in einem Stau stecken oder an Ampeln warten, denken sie üblicherweise mehr denn je. Ihre Gedanken sind im Allgemeinen nicht voller Ruhe und Frieden, Fülle und Freude. Sie denken an Dinge, die sie noch nicht erledigt haben, Pläne, die vor ihnen liegen, emotionale Beziehungen. Wenn man all das in einen Verkehrsstau packt, kannst du dir dann den „Lärm“ vorstellen? Ja, das kannst dulden das ist ja oft genug dein Alltag. 
Dann kommst du bei deiner Arbeit im Büro oder woanders an, und dort herrscht Lärm, der von deinen Kollegen erzeugt wird, von den Geräten und Maschinen im Büro oder Werkstatt, und sogar „Lärm“ vom Internet und von den WLANs. Es gibt mehr Maschinen als jemals in früheren Zeiten und sie alle erzeugen Lärm, auch wenn du den nicht immer mit deinen physischen Ohren hörst. Es gibt energetischen Lärm in der Nahrung und in der Luft um dich herum, besonders, wenn es Umwelt- und Luftverschmutzung gibt. Es gibt energetischen Lärm von den Menschen um dich herum. Jetzt leben mehr Menschen auf der Erde als je zuvor in der Geschichte dieses Planeten, und das bedeutet mehr Verstopfung, mehr menschlichen und mentalen Lärm überall. 
Energetischer Lärm erzeugt mehr energetischen Lärm. Wenn du also von energetischem Lärm von Maschinen, elektronischen Signale und anderen Menschen, aus der Natur und all diesen Dingen umgeben bist und erdrückt wirst, dann wirst du verspannter, und es fällt dir schwerer festzustellen, was deins ist und was von außen kommt.
Was machen die Menschen also, um mit dem Lärm fertigzuwerden? Sie setzen sich Kopfhörer auf, hören Musik und spielen noch mehr und lauteren Lärm ab, über den anderen Lärm hinaus – was selbstverständlich weiteren Lärm erzeugt. Am Ende steckst du in einer sehr, sehr lauten Realität, und zwar in einem Maße, dass du wie Sally nicht mehr unterscheiden kannst, was deins ist und was von außen kommt. Das geht alles in deinen Körper hinein, und du fühlst es in deinen Schultern, im Rücken, im Bauch und im Herzen, und bald kannst du nicht mehr deine eigenen Gedanken hören und mehr deine eigenen Gefühle spüren.
Früher war es so, dass die Menschen, wenn sie sich nachts schlafen legten, über den Lärmpegel hinausgingen. Sie gingen in einen Traumzustand weit jenseits des Lärms und erfuhren echte Ruhe. Heutzutage werden diese Traumzustände jedoch genau von dem Lärm durchdrungen, dem du aus dem Weg zu gehen versuchst. Auch wenn du schläfst, ist es laut, manchmal sogar lauter, als wenn du ganz wach bist. Lärm ist überall. Und aufgrund quasihypnotischer Programmierungen und Konditionierungen und einfach aufgrund der Tatsache, dass du dich ständig inmitten von Lärm befindest, vergisst du, was deins ist und was nicht. Du fängst an, alles zu absorbieren, und dann unternimmst du alle möglichen sonderbaren Dinge, um zu versuchen, diesen ganzen Lärm in den Griff zu bekommen und ihn irgendwie zu managen, anstatt dir einfach selber zu sagen: „Das ist nicht meins.“
Das bedeutet nicht, dass du dich desensibilisieren oder einen Schutzwall von weißem Licht um dich erreichten müsstest, denn das ist unnatürlich. Du brauchst dich nur daran zu erinnern, was deins ist und was nicht.
Nimm dir Zeit für dich selbst in der Natur. Verbringe Zeit mit Menschen, mit denen du auf der gleichen Wellenlänge bist – mit Seelenverwandten. Dann wähle aus, was deins ist und was nicht. Du wirst überrascht sein zu entdecken, dass über 95% aller Gedanken, die dir durch den Sinn gehen, und über 95% aller Gefühle die du in deinem Körper spürst, in Wirklichkeit gar nicht deine sind.